Zugegeben waren wir versucht, als Untertitel für diesen Artikel etwa „Effektivere Formulierungen für optimierte Lesbarkeit“ zu verwenden. Viele Autoren würden zustimmen, dass komplexe Phrasen und Wörter beim Schreiben ganz natürlich entstehen – sie machen einen Text anspruchsvoller, unterhaltsamer, vielfältiger… das ist natürlich gut. Es gibt jedoch Fälle, in denen Sie Ihren Lesern einen Gefallen tun, wenn Sie auf komplexe Formulierungen verzichten und eine einfachere Sprache verwenden: beim Schreiben von Fachartikeln. Sehen wir uns an, warum das so ist und wie Sie Ihre Texte konkret verbessern können.
(Im Laufe des Artikels wird Ihnen auffallen, dass wir uns selbst nicht durchgehend an die beschriebenen Regeln halten. Das liegt daran, dass dieser Artikel selbst kein Fachartikel ist. Sehen Sie es als Gelegenheit, ihr neues Wissen über Verbesserung der Lesbarkeit gleich anzuwenden.)
Warum?
Wenn Sie Fachartikel schreiben, sind Ihre Leser wahrscheinlich Experten. Warum sollten Sie Ihre Sprache vereinfachen, wenn Ihre Leser doch über eine hohe Expertise verfügen? Einfachere Sprache hilft Ihren Lesern aus verschiedenen Gründen:
- Leichteres Verständnis: Auch für Experten ist einfachere Sprache leichter zu lesen und zu verstehen als komplexe Wörter und Sätze. Für das Lesen einzelner Schritte oder eines ganzen Artikels ist weniger Konzentration erforderlich, so dass man sich mehr auf die eigentliche Arbeit konzentrieren kann.
- Kürze: Einfachere Begriffe und eine zielgerichtete Satzstruktur sind im Allgemeinen kürzer als ihre komplexeren und komplizierteren Gegenstücke. Die Wortlänge und Wortzahl, die Sie so in einem ganzen Artikel einsparen, kann große Auswirkungen haben. Und natürlich können Ihre Leser einen kürzeren Artikel schneller lesen oder überfliegen, was ihnen viel Zeit erspart.
- Höhere Konsistenz: Einfachere Sprache und ein eingeschränktes Vokabular machen Ihren Inhalt konsistenter. Verwenden Sie über alle Ihre Inhalte hinweg konsistent denselben Begriff für dieselbe Sache. So können Ihre Leser einfacher zwischen verschiedenen Artikeln wechseln und sofort erkennen, welche Artikel dasselbe Thema behandeln.
- Bessere Durchsuchbarkeit: Diese Einheitlichkeit der Begriffe bedeutet auch, dass sich Ihre Leser stärker auf die Suchfunktionen verlassen können, da diese mehr passende Ergebnisse für einen bestimmten Begriff liefern.
Wie?
Sie können die Sprache Ihrer Fachartikel auf verschiedenen Wegen vereinfachen. Natürlich sind die Themen, die Sie behandeln, komplex. Deshalb wird es schwer, all dieser Vorschläge einzuhalten. Aber besonders wenn sie ohnehin komplexe Begriffe verwenden müssen, können Ihnen diese Tipps helfen, den Rest ihres Fachartikels etwas lesbarer zu gestalten.
Einfachere Wörter
Dieser Tipp klingt offensichtlich, man vergisst ihn jedoch leicht beim Schreiben. Einfachere Wörter sind schneller zu lesen und einfacher zu erfassen. Sie verringern auch die „Abwechslung“ in einem Text – was, wie wir bereits angemerkt haben, etwas Gutes ist. Dadurch schränken Sie den Einsatz von Synonymen ein, die die Leser im Gedächtnis behalten müssen, vor allem, wenn sie nach etwas suchen.
Im obigen Abschnitt sehen wir gleich ein paar Beispiele, die man vereinfachen könnte:
Aus „Einsatz einschränken“ wird „weniger verwenden“.
Aus „im Gedächtnis behalten“ wird „merken“.
Wenn Sie einfachere Sprache verwenden, haben Sie vielleicht Angst, Ihr Text wirkt monoton oder als würden Sie Ihren Lesern kein anspruchsvolles Textverständnis zutrauen. Behalten Sie aber im Kopf, dass Fachartikel nicht zur Unterhaltung der Leser geschrieben werden, sondern damit sie fachliche Informationen schnell erfassen können. Sie werden dankbar für einen Text sein, der einfacher zu lesen ist.
Kontrolliertes Vokabular
Selbst, wenn Sie einfachere Wörter verwenden, haben Sie am Ende womöglich mehrere Synonyme für denselben Begriff. Versuchen Sie, dies zu vermeiden. Mit einem eingeschränkten Vokabular erreichen Sie mehr Klarheit, Konsistenz und eine gute Durchsuchbarkeit.
Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie beschreiben das Schließen eines Programms:
Verschiedene Wörter: Dabei könnten Sie die Benennungen „Symbol X“, „Icon X“, „Schaltfläche X“, „Bedienelement X“ oder einfach nur „X“ verwenden, um zu beschreiben, was der Benutzer anklicken soll.
Kontrolliertes Vokabular: Entscheiden Sie sich für eine konsistente Benennung für das, was als Symbol, Icon oder Schaltfläche bezeichnet werden könnte, z.B. „Bedienelement X“. Damit machen Sie es Ihren Lesern einfacher, nach einem spezifischen Element zu suchen und es in anderen Artikeln wiederzuerkennen.
Ein Styleguide kann hilfreich sein, um Sie und andere Autoren daran zu erinnern, immer dieselbe Benennung für denselben Begriff zu verwenden.
Aktive Sprache
Eine aktive anstatt einer passiven Sprache zu verwenden ist auf vielen Gebieten ein guter Schreibtipp. Besonders hilfreich ist dies jedoch in Fachartikeln. Aktive Sprache in Anleitungen macht deutlich, welche Person was tun soll.
Hier ein Vergleich:
Passive Sprache: „Nachdem die Alarmmeldung per Mail versandt und die Hotline angerufen wurde, kann das System neu gestartet werden.“
Aktive Sprache: „Nachdem das Supportteam die Alarmmeldung per Mail versandt und die Hotline angerufen hat, können Sie das System neu starten.“
In der ersten Aussage bleibt unklar, welche Schritte die Leser selbst ausführen müssen und bei welchen sie auf Aktionen anderer warten müssen. Nach Lesen der zweiten wissen sie genau, wer was tun muss.
Kurze Sätze
Auch ein klarer Kandidat für einfachere Sprache: Sätze so kurz wie möglich halten. Lange Sätze können zu komplexen Satzstrukturen führen, bei denen die Aussage am Anfang begonnen und erst am Ende eines langen Satzes zu Ende gebracht wird. Solchen Satzstrukturen können Leser nur schwer folgen, wenn sie schnell eine bestimmte Information finden möchten, zumal sie in den meisten Fällen ohnehin schon an einem komplizierten Thema arbeiten. Ein weiterer Vorteil kürzerer Sätze ist, dass Sie sich Verbindungswörter sparen, die in langen Sätzen notwendig sind, wodurch der Text insgesamt kürzer wird.
Schauen wir auf die Verständlichkeit und Länge der folgenden Beispielsätze:
Längerer Satz: „Es empfiehlt sich, Ihre Einstellungen nach der Eingabe des Codes 1234 und nach dem Setzen der Einstellungen A und B auf ‚aktiv‘ zu speichern.“
Kürzerer Satz: „Geben Sie den Code 1234 ein. Setzen Sie die Einstellungen A und B auf ‚aktiv‘. Speichern Sie Ihre Einstellungen.“
Die kürzere Variante spart nicht nur Platz, sondern sorgt auch für ein klares Verständnis der 3 darin beschriebenen Handlungsanweisungen.
Vor allem bei einer Abfolge von Schritten ist das sinnvoll, um die Anweisung in einzelne Schritte zu unterteilen. (Zur noch stärkeren Verdeutlichung empfehlen wir eine nummerierte Aufzählung. Dieser Tipp passt jedoch besser in einen Artikel mit Tipps zur Strukturierung.)
Leitende Satzstruktur
Was ist eine leitende Satzstruktur? Damit meinen wir eine Satzstruktur, bei der die wichtigsten Teile oder die Schritte, die in einer Abfolge als erstes erfolgen, an den Anfang des Satzes gestellt werden. Unwichtigere Teile oder Schritte, die zuletzt erfolgen, werden ans Ende gestellt. Diese Regel eignet sich nicht für jede Art von Satz, ist aber sinnvoll, wenn Bedingungen genannt werden oder Schritte in einer Abfolge beschrieben werden.
Zwei Beispiele:
Bedingungen hervorheben: Die Leser sollen etwas bestimmtes tun, wenn etwas anderes eintritt. Sie könnten das zwar so beschreiben:
„Starten Sie die Anwendung neu, falls der Fehlercode 123 angezeigt wird.“
Wenn Sie die Bedingung jedoch als erstes nennen, wissen Ihre Leser gleich Bescheid, wann die Anweisung zutrifft. Schreiben Sie deshalb lieber:
„Falls der Fehlercode 123 angezeigt wird, starten Sie die Anwendung neu.“
Abfolgen verdeutlichen: Wenn Sie Schritte einer Abfolge erläutern, wäre es zwar nicht falsch, dies so zu tun:
„Vergewissern Sie sich vor Einreichen des Formulars (durch Klick auf ‚Fertig‘), dass Sie das Kontrollkästchen ‚Für später speichern‘ unten im Dialog aktiviert haben.“
Sie können den Lesern aber auch bei der Orientierung helfen, indem Sie Folgendes schreiben:
„Aktivieren Sie unten im Dialog das Kontrollkästchen ‚Für später speichern‘. Klicken Sie dann auf ‚Fertig‘, um das Formular einzureichen.“
So beginnen Sie mit der wichtigsten Orientierungshilfe („unten im Dialog“) und mit dem ersten Schritt („Aktivieren Sie das Kontrollkästchen ‚Für später speichern‘“). Dies hilft den Lesern, die Schritte schneller zu finden und zu befolgen.
Mit diesem Tipp helfen Sie Ihren Lesern dabei, den wichtigsten Teil der Handlungsanweisung sofort zu erkennen. So können sie der Satzstruktur einfacher folgen oder wissen gleich Bescheid, falls die Anweisung nicht auf sie zutrifft.
Wie einfach ist einfach genug?
Wenn Sie versuchen, die genannten Tipps einzuhalten, haben Sie schon viel getan, um Ihren Lesern dabei zu helfen, Ihre Inhalte schneller zu erfassen. Wenn Sie wissen möchten, wie lesbar Ihre Inhalte tatsächlich sind, können Sie dies mit verschiedenen Mitteln messen.
- Webtools, in die Sie Texte einfügen und evaluieren lassen können: Es gibt viele Webseiten, in die Sie Ihre Texte einfach einfügen und nach verschiedenen Lesbarkeitskriterien bewerten lassen können. Das ist eine gute Möglichkeit, einzuschätzen, wie Ihre typischen Artikel sind und wie bestimmte Änderungen sich auf ihn auswirken. (Ein guter Anfang sind z.B. die kostenlosen Optionen bei readable und WebFX.)
- Zugeschnittene Analytik: Wenn Sie die Lesbarkeit Ihrer Inhalte regelmäßig messen möchten – vielleicht auch nicht nur Ihrer eigenen, sondern großer Mengen an Text aus einer Wissensdatenbank – könnten eigene Analysekriterien das Mittel der Wahl sein. Diese können Sie je nach Inhalt anpassen, sodass notwendiges Fachvokabular berücksichtigt wird. Inhalte können automatisch vor der Veröffentlichung oder in Masse gescannt werden. Natürlich erfordert dies Expertise – idealerweise sowohl im Programmieren allgemein wie auch in Textverarbeitung und Verarbeitung natürlicher Sprache. Neugierig? Dann sollten Sie sich unseren Artikel zu Content-Analytik vormerken, der in Kürze erscheint.
Sicherlich ist Ihnen inzwischen schmerzhaft bewusst, welche Punkte in diesem Artikel vereinfacht werden könnten, wenn er die Anforderungen an schnell lesbare Fachartikel erfüllen müsste. Nehmen Sie diese Verbesserungsvorschläge mit für Ihren nächsten Fachartikel und schauen Sie kritisch auf Stellen, an denen ein einfacheres Wort oder eine kürzere Satzstruktur Ihren Lesern ein schnelleres Arbeiten mit weniger Frust ermöglichen könnte.
Sie möchten mehr darüber erfahren, wie Sie außer mit einer einfacheren Sprache Fachartikel lesefreundlicher gestalten können? Unser Artikel Die Kunst der einfachen Informationsvermittlung enthält eine Übersicht und weitere Artikel kommen bald.
Haben wir Möglichkeiten zur Vereinfachung der Sprache nicht erwähnt, die Sie in Ihren Fachartikeln immer verwenden? Schreiben Sie es uns!
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Impressum:
Datum: August 2021
Autor: Kris Schmidt
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